Gentechnik und Entwicklungsländer (September 2004)

Medienmitteilung vom 9. September 2004

Die Debatte um die Auswirkungen der grünen Gentechnik auf die Entwicklungs- und Schwellenländer gehört mit zu den kontroversesten Themen der Technologiediskussion. Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) hat dazu eine Broschüre publiziert, die sie heute anlässlich einer öffentlichen Diskussion in Bern vorstellt. In der Broschüre wird die Thematik erstmals umfassend unter den vier relevanten ethischen Aspekten diskutiert: die Nahrungssicherung, die Ernährungssouveränität, die Biodiversität und den sozialen Frieden.

Während Befürworter das Vorantreiben der Gentechnik zur Bekämpfung des Hungers in Entwicklungs- und Schwellenländern unterstützen, warnen andere Stimmen vor den negativen Folgen dieser Technologie in den betroffenen Gebieten. Beide Seiten verstehen sich dabei gleichermassen als Fürsprecher der Menschen des ?Südens?. Welche Seite hat recht? Oder haben beide recht? Um diese Fragen zu beantworten, sind die Auswirkungen der Gentechnik auf die Entwicklungs- und Schwellenländer zu prüfen. Mit ihrer Diskussion der ethischen Aspekte will die EKAH die zentralen Fragen dieses Themenbereichs beleuchten und einen Beitrag zur Ausrichtung der schweizerischen Politik leisten.

Die Schweiz hat in verschiedenen internationalen Verträgen Verpflichtungen gegenüber Entwicklungsländern anerkannt. Diese Verpflichtungen sind aus ethischer Sicht ein Erfordernis der Gerechtigkeit. Die Menschen des Südens haben gleichermassen wie die Menschen des Nordens ein Recht auf Zugang zu gesunder und ausreichender Ernährung. Menschen haben zudem ebenso ein Recht, über die Art und Weise ihrer Ernährung selbst zu bestimmen. Nutzpflanzen sind die Grundlage der weltweiten Ernährung. Es sind deshalb die Auswirkungen gentechnisch veränderter Nutzpflanzen auf die Biodiversität in Entwicklungsländern zu untersuchen und in die Beurteilung einzubeziehen, dies auch mit Blick auf die Rechte künftiger Generationen auf vergleichbare Lebensgrundlagen. Schliesslich ist sowohl auf innerstaatlicher Stufe wie auch im internationalen Kontext die Erhaltung des sozialen Friedens unabdingbare Voraussetzung für den Kampf gegen Hunger und Mangelernährung.

Die EKAH untersuchte in ihrem Bericht die Auswirkungen der grünen Gentechnik auf diese Aspekte, um sie aus ethischer Sicht zu bewerten. Sie kam mehrheitlich zum nicht ganz überraschenden Schluss, dass diese Auswirkungen heute kaum abschätzbar sind. Als Folge daraus fordert sie eine Intensivierung und bessere Koordination der öffentlichen Forschung, insbesondere der kontextbezogenen Risikoforschung, die spezifische ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Rahmenbedingungen einbezieht. Die EKAH legt grosses Gewicht darauf, dass auch die Forschung im Bereich anderer als gentechnischer Lösungsansätze intensiviert wird, da diese bisher mit Blick auf die Hungerproblematik teilweise effizientere und bessere Resultate erbracht haben. Forschungsgelder einseitig zugunsten eines einzelnen technologischen Ansatzes einzusetzen, ist aus Sicht der EKAH nicht akzeptabel. Die Entwicklungsländer sind zudem im Hinblick auf die Stärkung ihrer Souveränität insbesondere beim Aufbau eigener Beurteilungs- und Bewilligungsverfahren zu unterstützen. Mit Blick auf die Sicherung der weltweiten Lebensgrundlagen sind alle Bestrebungen, die zum Ziel haben, den freien Austausch genetischer Ressourcen für die Züchtung und die Forschung zu gewährleisten, zu unterstützen.

Für weitere Auskünfte:

  • Dr. Klaus Peter Rippe, Präsident EKAH, Tel. 01 252 89 22 (erreichbar ab ca. 16h00)
  • Ariane Willemsen, Geschäftsführerin EKAH, Tel. 031 323 83 83 (erreichbar ab ca. 14h30)
     

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Letztes Update: 20.11.2018